Von Debussy über Franck zu Pärt

12.06.2019

Auftakt des „Musikalischen Sommers“ in der Frauenkirche Lienzingen mit spannenden Werken für Geige, Klavier und Violoncello (Mühlacker Tagblatt)

Die Geigerin Ursula Schoch und der Cellist Jérôme Fruchart bilden üblicherweise mit Eke Simons das JEU Trio Amsterdam. In Lienzingen spielt anstelle der Pianistin Marcel Worms. Foto: Fotomoment
Die Geigerin Ursula Schoch und der Cellist Jérôme Fruchart bilden üblicherweise mit Eke Simons das JEU Trio Amsterdam. In Lienzingen spielt anstelle der Pianistin Marcel Worms. Foto: Fotomoment

Am Pfingstmontag begann der diesjährige „Musikalische Sommer“ mit einer Matinee in der Frauenkirche Lienzingen. Zum Vortrag gebracht wurden Kompositionen von Claude Debussy, César Franck und Arvo Pärt, nicht aber, wie vorgesehen, Werke von Ludwig van Beethoven und Robert Schumann.

Mühlacker-Lienzingen. Angekündigt war das noch junge „JEU Trio Amsterdam“, dessen Name nicht nur für das französische Wort für Spiel steht, sondern den es den Anfangsbuchstaben der drei Spieler zu verdanken hat: Jérôme, Eke und Ursula. Doch das Trio trat nicht in seiner Standardbesetzung auf, denn die Pianistin Eke Simons konnte nicht kommen. Und so übernahm an ihrer Stelle Marcel Worms den Klavierpart. Das hatte aber auch Änderungen im Programm zur Folge. Nicht aufgeführt wurden das sogenannte „Erzherzog-Trio“ B-Dur opus 97 von Ludwig van Beethoven und das Trio Nummer drei für Klavier, Violine und Violoncello g-moll opus 110 von Robert Schumann. So blieb denn vom angekündigten Programm nur das „Mozart-Adagio“ von Arvo Pärt übrig.

Dieses Sechs-Minuten-Stück des inzwischen 83-jährigen estnischen Komponisten Arvo Pärt hörte man zu Beginn des zweiten Teils. Geschrieben 1992 als Auftragswerk des Helsinki-Festivals für das Kalichstein-Laredo-Robinson-Trio und von diesem auch dort uraufgeführt, hat Arvo Pärt dieses Werk seinem Freund Oleg Kogan, einem der führenden Geiger Russlands, gewidmet. Es handelt sich dabei um eine Transkription einer der Klaviersonatensätze des jungen Mozart, nämlich des Adagios aus der Suite F-Dur, KV 280. Diese Bearbeitung ist allerdings weder ein Arrangement noch eine Collage, sondern ein Gedenkblatt in Ehrfurcht für das Genie.

In Lienzingen übernahm Marcel Worms den Klavierpart und gestaltete ihn so meisterhaft, dass er einen anregte, das Gesamtwerk von Arvo Pärt für Klavier solo und für Geige und Klavier anzuhören, das er, zusammen mit Ursula Schoch, eingespielt hat, die ihm nun auch in diesem Fall eine kongeniale Partnerin war – nicht zu vergessen den virtuos spielenden Violoncellisten Jérôme Fruchart.

Zum Auftakt erklang die Sonate Nummer drei in g-moll für Violine und Klavier von Claude Debussy, ein Alterswerk des Franzosen. 1916/17 geschrieben, 1917 in Paris von ihm und dem Geiger Gaston Poulet uraufgeführt, muss dieses letzte große Werk des Komponisten in Zusammenhang mit der zuvor entstandenen Sonate für Violoncello und Klavier und der für Flöte, Viola und Harfe gesehen werden. Sind sie doch die drei vollendeten der von Claude Debussy 1915 geplanten sechs Sonaten für verschiedene Instrumente, die er in Anlehnung an die französische Sonatenkunst des Barock konzipiert hat.

Die drei Sätze der in der Frauenkirche Lienzingen vorgestellten Sonate wollte Claude Debussy als Einheit aufgefasst wissen. Die entsteht durch „Motive, kurze Melodien und Strukturen, die aufklingen und sporadisch verschwinden, um dann in variierter Form wieder zu erscheinen“. Erfüllt von „einem Reichtum der Inspiration“, den Pierre Boulez den drei Sonaten attestierte, interpretierten die in Ludwigsburg geborene, in Sachsenheim aufgewachsene Meister-Geigerin Ursula Schoch und der niederländische Pianist Marcel Worms, in jeder Beziehung den Intentionen des Komponisten entsprechend, Claude Debussys Sonate.

Zum Abschluss stellten sie zusammen mit dem französischen Cellisten Jérôme Fruchart, Mitglied des Königlichen Concertgebouw-Orchesters Amsterdam, ein Jugendwerk von Claude Debussy vor, das Trio für Klavier, Violine und Violoncello in G-Dur. Die 1880 entstandene, seinem Lehrer Émile Durand gewidmete Arbeit, die lange Zeit als verschollen galt und erst 1986 veröffentlicht wurde, zeigt die frühe Meisterschaft des „Erfinders und Vollenders des musikalischen Impressionismus“, wenn auch César Franck und Robert Schumann als seine Vorbilder nicht zu überhören und das Streben nach einer zyklischen Form nicht zu übersehen sind.

Claude Debussys kurzzeitiger Lehrer César Franck war an diesem Morgen mit seiner 1886 komponierten, an Silvester 1887 in Paris uraufgeführten Sonate für Violine und Klavier in A-Dur vertreten, die sich durch eine strenge, nur manchmal etwas verschleierte Logik auszeichnet. Beide Seiten dieses bekannten Werks mit der von Ludwig van Beethoven übernommenen Variationstechnik machten die einfühlsam spielende Ursula Schoch und der expressiv seinen Klavierpart absolvierende Marcel Worms transparent.

(Mühlacker Tagblatt vom 12.06.2019, Text: Dieter Schnabel, Foto: Fotomoment)