Die Vielfalt der Kammermusik zelebriert

23.07.2024

Einmal mehr überzeugt das Lotus String Quartet in der Frauenkirche. Foto: Jertschewske 
Einmal mehr überzeugt das Lotus String Quartet in der Frauenkirche. Foto: Jertschewske

Mühlacker-Lienzingen. Der „Musikalische Sommer“ bringt nicht nur eine Menge talentierter Musikerinnen und Musiker nach Lienzingen, sondern auch viele Konzertbesucherinnen und -besucher. Am Sonntagvormittag war der Andrang groß. Der Anblick der schon einige Minuten vor Beginn des Konzerts gut gefüllten Frauenkirche ließ manchen Anstehenden bangen, der noch auf Karten an der Tageskasse hoffte.

Als Teil der Konzertreihe gastierte das Lotus String Quartet in der Frauenkirche Lienzingen. Das in Stuttgart ansässige Ensemble wurde 1992 in Tokio gegründet und spielt seither in weitgehend konstanter Besetzung. Sachiko Kobayashi (Violine), Swantje Tauscher (Violine), Tomoko Yamasaki (Bratsche) und Chihiro Saito (Violoncello) ergeben eines der wenigen auf allen Positionen weiblich besetzten Ensembles der internationalen Quartettszene.

Zu den Schwerpunkten des Lotus String Quartet gehören unter anderem die Quartette der Wiener Klassik, der deutschen Romantik sowie Werke der französischen Impressionisten. Ebenso findet man Stücke japanischer Komponisten wie Toru Takemitsu und Toshio Hosokawa, aber auch Kompositionen von Helmut Lachenmann im Repertoire der vier Musikerinnen.

Die Künstlerinnen sind nicht nur gefragte Gäste auf den deutschen Bühnen wie zum Beispiel in München, Erfurt, Bruchsal oder Braunschweig, sie spielen auch vor internationalem Publikum in Valencia, Zürich, Tokio und Osaka. Das renommierte Streichquartett zählt zu den treuesten Stammgästen der Lienzinger Konzertreihe. So mag es nicht verwundern, dass die Ankündigung des Konzertes von der außergewöhnlichen Spielkultur der Musikerinnen schwärmte.

Vor Beginn des Auftritts hielt Chihiro Saito eine kurze, aber emotionale Ansprache in Gedenken an Professor Peter Buck, der im März dieses Jahres verstarb. Die Musikerin sprach von dem gemeinsamen Mentor der Gruppe und erinnerte an sein Wirken als Cellist des Melos Quartetts. Bei jedem vergangenen Auftritt des Lotus String Quartet in Lienzingen sei Buck Teil des Publikums gewesen. „Wir vermissen ihn heute schmerzlich und spielen das Konzert für ihn“, bekannte Saito.

Auf dem Programm der Matinee in Lienzingen standen Wolfgang Amadeus Mozart mit seinem Streichquartett C-Dur KV 465, Ludwig van Beethoven mit dem Streichquartett G-Dur opus 18 Nummer 2 und Robert Schumann, dessen Streichquartett A-Dur opus 41 Nummer 3 erklang. Das sogenannte Dissonanzen-Quartett von Mozart verdankt seine Bezeichnung den bizarren Anfangsklängen. Beethovens Streichquartett ist hingegen bekannt als vorwärtsstürmendes Jugendwerk. Schumanns hochromantisches A-Dur-Quartett war dank des Lotus String Quartet zum ersten Mal in Lienzingen zu hören.

Es benötigte kein allzu großes Musikwissen, um festzustellen, wie begnadet die vier Künstlerinnen ihrer Leidenschaft nachgehen. Für jeweils gut 30 Minuten pro Stück zog das Lotus String Quartet das Publikum in seinen Bann und ließ die Zeit wie im Flug vergehen oder – mit Blick auf die elegant geführten Bögen – verstreichen.

Während der Pause nach Beethovens Werk fand man die Musikerinnen inmitten des Publikums, sich unterhaltend und scherzend und bemerkenswert nahbar.

Die ruhige Atmosphäre in der Frauenkirche bot die perfekte Kulisse für das Streichquartett. Die eingespielten Interaktionen der Musikerinnen zauberten etlichen Zuschauern ein Lächeln auf die Lippen. Sowohl spieltechnisch als auch interpretatorisch überzeugten Kobayashi, Tauscher, Yamasaki und Saito vollauf. Sie zelebrierten die Vielfalt der Kammermusik und ernteten dafür bebenden Applaus.

(Mühlacker Tagblatt Online vom 23.07.2024, Text und Foto: Vanessa Jertschewske)