Alle Ausdrucksmöglichen des Instruments ausgelotet

22.06.2022

Hochkonzentriert, mit Hingabe und Leidenschaft musiziert in der Frauenkirche die junge Cellistin Anna Meipariani. Foto: Filitz 
Hochkonzentriert, mit Hingabe und Leidenschaft musiziert in der Frauenkirche die junge Cellistin Anna Meipariani. Foto: Filitz

Mühlacker-Lienzingen. Der Auftakt zum „Musikalischen Sommer“ in der Frauenkirche hätte nicht schöner sein können. Es gastierte die Cellistin Anna Meipariani, am Klavier begleitet von der Pianistin Ilonka Heilingloh. Beide haben sich bereits hohe Auszeichnungen und Ehrungen erspielt.

„Junge Talente“ war das Konzert überschrieben. Und die beiden Künstlerinnen ließen bereits nach den ersten Takten keinen Zweifel daran aufkommen, dass sie musikalisches Talent in reichem Maße mitbringen. „Wer je Anna Meipariani und ihr Spiel auf dem Violoncello erlebt hat, kann nur voller Bewunderung über die Virtuosität, die außergewöhnliche Musikalität und natürliche Spielfreude der erst 14 Jahre alten Musikerin staunen“, versprach die Ankündigung. So eingestimmt, warteten die rund 150 Besucher gespannt auf den Beginn.

Drei höchst anspruchsvolle Werke standen auf dem Programm. In Ludwig van Beethovens Sonate A-Dur opus 69, einem der Glanzstücke der Cello-Literatur, war bereits das ganze Können der jungen Cellistin gefordert. Berührend von Beginn an der warme, singende Klang ihres Instrumentes, das sie offenbar, hinauf bis in höchste Lagen, traumhaft sicher beherrscht. Mit perlenden Läufen begann die Pianistin, ehe das Cello dann führend den Ton angab, aber doch insgesamt ausgewogen, mitunter wie in einem Frage- und Antwortspiel mit dem Klavier. Wunderbar beruhigend waren die Klangbilder in tiefen Lagen, heiter und gelöst das Scherzo. Das Adagio gestaltete Anna Meipariani träumerisch schön mit zartem Bogenstrich und cantabile pur, ehe sie zum Schlusssatz Allegro vivace nochmals kräftig, aber sehr nuanciert aufspielte.

Es folgte ein Sprung in die musikalische Gegenwart mit der Konzert-Rhapsodie d-moll von Aram Khachaturian (1903 bis 1978). Vorbei war es mit dem romantischen Träumen, als harte Klavierakkorde beinahe aufschreckten. Und was dann vom Komponisten der Cellistin aufgebürdet wurde und von ihr mit lockerem Handgelenk, flinkem Bogen und noch flinkeren Fingern ihrer linken Hand, die auf den Saiten munter tanzten und temporeich auf- und abglitten fast bis zum Stegende hinunter, hochkonzentriert gemeistert wurde, ist detaillierter kaum zu beschreiben. Klangvoll-nachdenklich, dann wieder leidenschaftlich explosiv zeigten sich kleine Klanginseln, die sich wenig später zum großen klingenden Meer vereinigten, das den Raum mit brillanten Klängen überflutete.

Nicht minder gefordert war die Pianistin, die bei diesem Werk als wahre Tastenlöwin zu agieren hatte. Die glühenden Cellotöne fing sie bewegt auf, spann Themen weiter, setzte neue Akzente, um sich dann mit dem Cello zu neuen Klangbildern in Schlussakkorden zu vereinen. Der Lohn waren Jubelrufe und tosender Beifall.

Was Edvard Grieg 1883 nach der Leipziger Uraufführung seiner Cello-Sonate a-moll, opus 36 angetan wurde, nämlich ein gnadenloser Verriss, musste Anna Meipariani bei ihrem Debüt in der Lienzinger Frauenkirche nicht befürchten. Denn wiederum überzeugte das Duo das Publikum mit feiner Umsetzung der Intentionen des Komponisten – schwankend zwischen jähen Ausbrüchen und lieblichen Phasen. Drängend und impulsiv waren die klangmächtigen Akkorde vom Klavier, eine Reihe hoher Töne schien die Pianistin behutsam von den Tasten zu pflücken, dazu kamen innige Passagen des Cellos, das zarte Melodien sang. Das stets aufeinander abgestimmte Zusammenspiel zwischen beiden Künstlerinnen, die wiederholten Phrasenwechsel zwischen den Instrumenten waren faszinierend. Ein beredtes Crescendo ließ das Ende ahnen, schon erklang der Schlussakkord.

Das Publikum feierte die Künstlerinnen minutenlang mit stehenden Ovationen und dankte so für dieses besondere Konzerterlebnis. Anna Meipariani griff noch einmal zum Bogen und erfreute mit einem Werk des lettischen Komponisten Peteris Vasks. Sie schien alle nur denkbaren Ausdrucksmöglichkeiten ihres Cellos erneut ausloten zu wollen mit innigen Empfindungen, spannungsgeladen, dennoch Ruhe und Kraft verströmend. Die Zuhörer lauschten ergriffen. Nach einem Moment der Stille brach erneut langanhaltender Applaus aus.

(Mühlacker Tagblatt vom 22.06.2022, Text u. Foto: Eva Filitz)