Junge Künstler geben ihre Visitenkarte ab

10.09.2019

Zum Abschluss der siebten Auflage der „Lienzinger Akademie“ gestalten talentierte Musiker ein bemerkenswertes Konzert. (Mühlacker Tagblatt)

Das „Podium junger Künstler“ in der Lienzinger Frauenkirche. Foto: Friedrich
Das „Podium junger Künstler“ in der Lienzinger Frauenkirche. Foto: Friedrich

Mühlacker-Lienzingen. Klassische Musik, gepaart mit originellen Einfällen und zeitgenössischen Klängen: In dieser Mischung offerierten die Teilnehmer der siebten „Lienzinger Akademie“ am Wochenende ein besonderes Konzert in der Frauenkirche – unter dem Motto „Podium junger Künstler“.

Zum siebten Mal haben sich junge und ebenso ambitionierte wie auch hoch talentierte Solisten aus mehreren Nationen in Lienzingen getroffen, um gemeinsam ein Konzertprogramm zu erarbeiten. Vier Tage lang, erzählt Peter Wallinger, haben sie in Lienzingen gewohnt und in der Kirche geprobt. Das Ergebnis konnte sich wahrlich hören lassen: Es war ein Programm, das bewusst originell aufgezogen sein sollte. Ein Programm, das quasi aus der Stille heraus begann und den Zuhörern wie auch den Musikern erst mal den Raum ließ, anzukommen, so war die Idee. Harmonien aus dem „Apartment House 1776“ von John Cage haben die Musiker in diesem Vorhaben unterstützt. Während vorne ein tiefenentspannt wirkendes und in dem dezent gehaltenen Tempo der Harmonien 1 und 10 aufgehendes Quartett musizierte, verteilten sich die anderen Musiker zunächst im Raum und nahmen dann erst ihren Platz im Orchester ein. Eine etwas andere, durchaus interessante Hinleitung auf das erste klassische Werk dieses Konzertprogramms, das die jungen Künstler am Wochenende übrigens gleich zweimal gespielt haben: am Samstagabend in Form eines Werkstattkonzerts sowie am Sonntagmorgen als Matinee.

Es war die „Ouvertüren-Suite“ in G-Dur von Georg Philipp Telemann, ein raffiniertes, weil facettenreiches Werk, in den Satzfolgen ebenso einfallsreich wie zugleich auch originell und mit vielen tänzerischen Einflüssen aus dem Spätbarock aufgebaut, von der Courante bis zu den Menuetten. Unter der Leitung von Simon Wallinger, der das Streichensemble hier zudem am Cembalo unterstützte, präsentierten sich die jungen Musiker als verlässliche Einheit, hochkonzentriert und technisch versiert. Dass sich viele schon aus Studienzeiten oder vom gemeinsamen Musizieren her kannten, trug sicherlich dazu bei, dass sich das Orchester während der vier Tage gemeinsamen Arbeitens offenkundig schnell gefunden hat und bei seinen beiden Auftritten dementsprechend auch einen glänzend vorbereiteten Eindruck hinterließ, wenn es sich beispielsweise mit einem sensiblen Gefühl für Tempo und Rhythmus den filigranen, oft auch leichtfüßigen und beschwingten Sätzen hingab.

Viel Beifall gab es dafür am Sonntagmorgen von den zahlreichen Besuchern, die im Anschluss daran mit zwei weiteren Harmonien von John Cage in die Pause verabschiedet wurden – wiederum der Idee eines originellen Konzerts folgend. In vier Sprachen – spanisch, portugiesisch, taiwanesisch und katalonisch – lasen sie Texte vor, die, so verriet Wallinger, in der ursprünglichen Komposition als Gesänge der Kulturen Amerikas vorkommen.

Den zweiten Teil eröffnete das Ensemble dann erneut klassisch, in diesem Fall mit dem „Divertimento F-Dur KV 138“ (Wolfgang Amadeus Mozart). Wiederum ein Werk, das die hohe Qualität des Ensembles ansprechend zum Tragen kommen ließ. Auch hier gelang den jungen Künstlern nachhaltig die Balance zwischen dem lebendig gehaltenen ersten Satz, einem gefühlvollen Andante im Mittelteil, dessen anmutigen Charakter das Ensemble einfühlsam herausgearbeitet hat, und dem munter angelegten Finalsatz. Einen spannenden Kontrast dazu bildete das folgende, eher unbekannte Werk von Arvo Pärt: „Silouans Song“. Es basierte auf einem eigenen Kompositionsstil, den der estnische Komponist als „Tintinnabuli“ bezeichnet. Was sich dahinter verbirgt, erklärte Simon Wallinger dem Publikum persönlich – als Hinführung auf dieses leise und tief in sich ruhende Werk. Das Orchester machte sich den bewusst einfach gehaltenen und von mystischen Erfahrungen geprägten Stil zu eigen, indem es diese Komposition in langsam getragenem Tempo ebenso spirituell angehaucht wie auch meditativ interpretierte. Ein entscheidender Faktor gerade bei einem solchen Werk, bei dem es besonders darauf ankommt, dessen intensive Dichte möglichst homogen und sehr präzise zugleich auszukosten. Das ist dem jungen Ensemble bravourös gelungen.

Eine ganz andere Facette zeigten die Musiker schließlich noch mit der „Battalia a 10“ (Heinrich Ignaz Franz Biber), geprägt von einem reichen Klangspektrum und lebendigen Akzenten, die das liederliche Schwärmen der Musketiere ebenso eindrucksvoll beschrieben wie das Lamento der Verwundeten. Das alles auch hier wieder passend zu dem Grundgedanken, knapp zwei Stunden lang ein originelles Konzert offerieren zu wollen. Das haben die Teilnehmer der diesjährigen Lienzinger Akademie zweifellos geschafft. Die zahlreichen Zuhörer dankten es ihnen dementsprechend mit reichlich Beifallsbekundungen.

(Mühlacker Tagblatt vom 10.09.2019, Text und Foto: Stefan Friedrich)