Musikalischer Streifzug durch barocke Lustgärten

11.09.2018

Das Ensemble „i flauti virtuosi“ zeigt in der Frauenkirche eindrucksvoll, warum die Blockflöte nicht unterschätzt werden sollte. (Mühlacker Tagblatt)

Das Ensemble „i flauti virtuosi“ spielt in der Frauenkirche in Lienzingen. Foto: Fotomoment
Das Ensemble „i flauti virtuosi“ spielt in der Frauenkirche in Lienzingen. Foto: Fotomoment

Mühlacker-Lienzingen. Beim vorletzten Konzert der Saison in der Reihe „Musikalischer Sommer“ waren die Kirchenbänke voll besetzt. Zu Gast in Lienzingen war das Ensemble „i flauti virtuosi“. Vor rund zehn Jahren fanden die vier Musiker zusammen und schmücken seither ihre Erfolgsgeschichte mit vielen Ruhmesblättern.

„Einen musikalischen Streifzug durch barocke Lustgärten“ hatten sie ihren Auftritt in der Frauenkirche genannt, und es war eine Lust, ihnen zuzuhören. Daniel Koschitzki und Andrea Ritter erwiesen sich als wahre Klangzauberer mit ihren neun Flöten, von der kleinen hellen Sopranino bis zur Tenorflöte. Ricardo Magnus am Cembalo und Johannes Berger mit seinem Barockcello begleiteten einfühlsam, hatten aber auch ihre mit großem Beifall aufgenommenen Soloauftritte.

Werke von zehn Komponisten ausschließlich aus dem Barockzeitalten wurden aufgeführt. Der älteste, Johann Pachelbel, erblickte 1653 das Licht der Welt, der jüngste, Jacques Duphly, 1715. Neben Pachelbel waren Namen wie Bach, Vivaldi, Händel und Telemann vertreten. Aber die Virtuosi begeisterten auch mit Werken weniger bekannter Komponisten wie Jacques Martin Hotteterre (le Roman), Diogenio Bigaglia und Charles Dieupart.

Glanzvoller Prunk und virtuose Brillanz sollten das Programm prägen. Die Musiker nahmen ihr Publikum mit auf eine Reise durch die musikalischen Zentren des barocken Europas. „Deutsche Kontrapunktik, französische Eleganz, englischer Feinsinn und italienischer Überschwang ergänzen sich zu einem prächtigen, hochbarocken Klanggemälde“, versprach die Ankündigung. Die Musiker hielten mit unbändiger Spielfreude Wort.

Heutzutage zuweilen unterschätzt, so war die Flöte in der Barockzeit in ihrer ganzen Klangvielfalt, die viele Komponisten dieser Epoche berauschend schön zum Ausdruck brachten, hoch angesehen. Und so facettenreich wie die Virtuosi aufspielten, konnte man sich mühelos 300 Jahre zurück in die Zeit höfischer Feste hineinträumen, bekam vermittelt, wie kokett die Damen sich in ihren Festgewändern zu einem Rondeau drehten, umschmeichelt von der Galanterie der Beaus.

Daniel Koschitzki hatte das Publikum begrüßt und erzählte, wie sehr sich die vier Musiker auf das Konzert in der schönen alten Kirche gefreut haben. Er gab kurze Einführungen zu den Komponisten und Werken. Oft ungläubig staunend schauten die Zuhörer auf die mit rasender Geschwindigkeit agierenden Finger der Flötisten, erlebten dennoch eine klare Transparenz und eine emotional ausdrucksstarke Wiedergabe, die nach jedem Schlussakkord den Beifall mehr anschwellen ließ. Kleine musikalische Ornamente erklangen, zartes Getriller, lange melodiöse Klangbögen, und noch immer reichte der Atem der Solisten: Lippen- und Zungenakrobatik par excellence wurden geboten. An Gefühlstiefe kaum zu überbieten war das bekannte „Lascia ch’io pianga“ aus Händels Oper „Rinaldo“, arrangiert von John Walsh. In tiefer Stille lauschten die Zuhörer sichtlich ergriffen, um sich anschließend über Telemanns Triosonate über antike Frauengestalten, lautmalerisch und typgerecht im teils kecken und frechen Notensatz als kleines Luder oder sanftes Weibchen beschrieben, zu amüsieren.

Seltene Gäste waren unter den Zuhörern. Mit ihren Großeltern waren die elfjährige Marietta und ihre ältere Schwester Sophia aus Schmie gekommen. Marietta spielt sein fünf Jahren C-Flöte, dazu seit zwei Jahren F-Flöte. Sophia ist inzwischen von der kleinen Flöte auf Posaune „umgestiegen“ und spielt in der Bläserklasse des Maulbronner Salzach-Gymnasiums. Beide Mädchen hörten nicht nur, sondern schauten auch gebannt dem Spiel der großen Vorbilder zu. „Wir haben sie nicht drängen müssen, mitzukommen“, erzählte die Oma und freute sich über das anhaltende Interesse ihrer Enkelinnen.

(Mühlacker Tagblatt vom 11.09.2018. Text: Eva Filitz, Foto: Fotomoment)