Ein musikalisches Feuerwerk

12.06.2018

Glanzvoller Auftakt der Lienzinger Konzertreihe „Musikalischer Sommer“ mit „Gitanes Blondes“ (Mühlacker Tagblatt)

Die Gruppe „Gitanes Blondes“ eröffnet die Saison des „Musikalischen Sommers“ in der Lienzinger Frauenkirche. Foto: Fotomoment
Die Gruppe „Gitanes Blondes“ eröffnet die Saison des „Musikalischen Sommers“ in der Lienzinger Frauenkirche. Foto: Fotomoment

Mühlacker-Lienzingen (pm). So voll besetzt wie beim Eröffnungskonzert des diesjährigen „Musikalischen Sommers“ war die Lienzinger Frauenkirche noch selten. Aus München angereist kamen die vier Musiker von „Gitanes Blondes“, der Begleitformation des legendären Klarinettisten Giora Feidman, und entfachten an diesem schwülwarmen Sonntagvormittag mit überschäumender Musizierlust und Hingabe ein musikalisches Feuerwerk der Extraklasse. Keine Notenständer, keine Notenblätter – singend zogen sie durch das hintere Kirchentor ein und animierten sogleich das Publikum zum Mitmachen. Es ging gemeinsam auf eine Reise durch fremde Länder und Kulturen.

Der kroatische Violinvirtuose Mario Korunic gründete 1999 das Ensemble, dem sich mit dem Akkordeonisten Konstantin Ischenko aus St. Petersburg ein weiterer hervorragender Solist zugesellte. Zusammen mit dem Gitarristen Christoph Peters und dem Kontrabassisten Simon Ackermann boten die vier „Blonden Zigeuner“ ideenreich ein kurzweiliges und spannendes Programm in allen Schattierungen, changierend zwischen leidvoller Melancholie und halsbrecherischer Virtuosität.

„Die schönsten Melodien sind Kosmopoliten – sie reisen gerne“ war im Programmheft dem Konzert als Motto vorangestellt. Wie aus einem überbordenden Füllhorn sprudelten in gekonnten Arrangements musikalische Perlen des Balkans und der Klezmermusik, mischten sich mit irischen, russischen, ungarischen Weisen zu einem nicht enden wollenden mitreißenden Melodienstrom. Und wie zufällig und scheinbar frei improvisiert, funkelten im vielsträhnigen Stimmengeflecht ganz unvermittelt Ausschnitte aus klassischen Meisterwerken von Vivaldi, Rossini, Rimski-Korsakov, Borodin, Khatschaturian und Bartók. Da fegte plötzlich ein Sommergewitter aus Vivaldis „Jahreszeiten“ über die Bühne, und gleichzeitig tönte aus vier Kehlen in aller Seelenruhe Gershwins „Summertime“. An anderer Stelle erklangen in fulminant rasantem Tempo in Violine und Akkordeon die halsbrecherischen Unisono-Kaskaden des „Hummelflugs“. Genauso beeindruckend war aber auch ein besinnlicher „Irischer Morgen“ in den Straßen von Dublin, zu dem das Publikum einen langgehaltenen Liegeton summen durfte, oder ein schlichtes israelisches Kinderlied, inspiriert von der Geschichte eines kleinen Kamels und ebenfalls zum Mitsingen einladend.

Der Lohn war brausender Beifall des begeisterten Publikums, das nicht nur ein faszinierendes Klangereignis mit nach Hause trug, sondern darüber hinaus die Musik – vorgetragen in solcher Intensität und Vielfalt – als universelle Sprache, als großartiges Medium der Verständigung erleben durfte. Grenzüberwindend erklangen traditionelle Melodien auch entlegener Regionen wie des Kaukasus und verflochten sich mit Klassischem. Und jenseits tradierter Gepflogenheiten wurden die Hörer immer wieder in das Konzertgeschehen einbezogen, angesteckt vom Enthusiasmus der vier sympathischen Münchner.

(Mühlacker Tagblatt vom 12.06.18. Text: pm, Foto: Fotomoment)