06.11.2023
Mühlacker Concerto-Spielzeit mit Herbstkonzert im Uhlandbau eröffnet. (Pforzheimer Zeitung)
Mühlacker. Es ist erstaunlich, wie es Peter Wallinger immer wieder gelingt, herausragende junge Solisten, die am Beginn ihrer Karriere stehen, für seine Mühlacker Konzerte zu gewinnen. Beim Duo-Recital, mit dem die Spielzeit der MühlackerConcerto-Reihe eröffnete, musizierten die bereits vielfach preisgekrönte Pianistin Sophia Weidemann und der neue Solo-Kontrabassist des Südwestdeutschen Kammerorchesters Pforzheim, Simon Wallinger. Ein außergewöhnliches Duo, das freilich nur den kunstvollen Rahmen um den Konzertabend legte.
Simon Wallingers Interpretationskunst sind die Eigenschaften Intelligenz und gefühlvolle Empathie unbedingt zuzusprechen. Hinzu kommt eine unerhörte Virtuosität. Das zeigte sich mit Robert Schumanns einleitend gebotenem „Adagio und Allegro op. 70“ für Klavier und ein zweites Soloinstrument, das der Komponist „ad libitum“ (nach Belieben) freigegeben hat.
Das von melancholischem Timbre erfüllte Adagio gab Wallinger mit romantisch feinem Kantabile wieder. Überraschend, wie der Streicherbass selbst in hohen Lagen geschmeidig und weich singen kann. Im melodisch weit ausholenden Allegro war dagegen aufblühendes Temperament angesagt. Alles vom Klavier-Part einfühlsam begleitet und mit Verve vorangetrieben.
Das Klangwunder wiederholte sich im Konzertabschluss mit Franz Schuberts „Arpeggione-Sonate“ in a-Moll (D821). Das ursprünglich für die heute vergessene sechssaitige Arpeggione oder „Guitarre d’amour“ geschriebene Werk verführte mit seinen melodiös klangschönen Passagen beim Zuhören zum Träumen, sogar im ziemlich nüchternen Mühlacker Uhlandbau.
Rauschende Skalen und verspielte Melodie-Einfälle
Dann also zur Hauptsache des Konzertabends, den zum Rahmen gehörenden, von der sympathischen Pianistin Weidemann interpretierten Klavier-Stücken, die zusammengesetzt ein farbintensiv leuchtendes, stimmungsvolles Klanggemälde ergaben. Im Zentrum eine Komponistin, die musikalisch hochbegabt der damals herrschenden Konventionen wegen hinter ihrem Bruder Felix Mendelssohn-Bartholdy zurücktreten musste. Erst seit 1997 ist das schmuckvoll ausgestaltete Autograph von Fanny Hensels Klavier-Zyklus „Das Jahr“ wieder zugänglich.
Die „Lieder ohne Worte“, die als ein klingendes, nach Monaten gegliedertes Jahres-Tagebuch an eine glückliche Italienreise erinnern sollten, bieten stimmungsvolle Charakterstücke „aus dem Land der Träume“. Den „Januar“ entfaltete Weidemann am Flügel mit zart absteigendem Anfangsmotiv, das quer durch alle Monatslieder in vielfältigen Stimmungskontexten neu aufscheinen konnte. Wirbelnd geläufige, rauschende Skalen, verspielt bunte Melodie-Einfälle und immer wieder traumselig innehaltende Klangpassagen wechselten sich ab.
Bravouröse Technik, sorgfältige Phrasierung und feinfühlige Anschlagskultur zeichneten auch Weidemanns Wiedergaben von Franz Schuberts Klavierstücken D 946 (Nr. 2 und 3) aus, die der Komponist kurz vor seinem Tod geschrieben und nicht mehr veröffentlicht hat. Auch diese bekenntnishaft dunklen Töne fanden Platz in Sophia Weidemanns romantischer Klangpoesie. So war der herbstlich gestimmte, vom Publikum begeistert aufgenommene Musikabend schöner, als hier gesagt werden kann.
(Pforzheimer Zeitung vom 06.11.2023, Text: Eckehard Uhlig, Foto: Peter Wallinger)