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17.03.2021

Das Frühjahrskonzert der Süddeutschen Kammersinfonie Bietigheim erfreut Musikfans im Internet. (Mühlacker Tagblatt)

Die Süddeutsche Kammersinfonie Bietigheim unter der Leitung von Peter Wallinger. Foto: Friedrich
Die Süddeutsche Kammersinfonie Bietigheim unter der Leitung von Peter Wallinger. Foto: Friedrich

Bietigheim/Mühlacker. Wie schon beim Neujahrskonzert der Fall, musste die Süddeutsche Kammersinfonie Bietigheim unter der Leitung von Peter Wallinger auch das Frühjahrskonzert 2021 wieder aufzeichnen. Es war ab Sonntagabend im Internet zu hören und zu sehen. Der Qualität des Musizierens tat es erneut keinen Abbruch. Nicht nur Orchester und Solist Tjeerd Top, sondern auch das Team hinter Kameras, Mikrofonen und im Schnitt haben wieder hervorragende Arbeit geleistet.

Ein bisschen schade ist es ja schon, dass das Virus die Gesellschaft immer noch so sehr im Griff hat, dass ein Live-Konzert, wie es ursprünglich innerhalb der Klassikreihe „Mühlacker Concerto“ für Sonntag angekündigt war, nicht vor Publikum stattfinden kann. Andererseits bietet das Internet auch spannende Möglichkeiten: Wer will, kann sich das Konzert selbst im Nachhinein noch ansehen, im Zweifel natürlich gerne auch mehrere Male. Grund genug dafür gäbe es zweifellos, denn nicht zuletzt hat man mit Tjeerd Top einen sehr versierten Violinisten verpflichten können, der Konzertmeister des Concertgebouw Orchesters Amsterdam ist. Er wartete bei diesem Frühjahrskonzert mit einer Besonderheit auf: Top musizierte auf einer Stradivari-Geige aus dem Jahr 1713. „Eine ganz faszinierende Vorstellung, dass sie zu Zeiten von Vivaldi schon gespielt wurde“, befand Christina Dollinger, die in das Konzert einführte.

Passenderweise stand ein eher selten gespieltes Violinkonzert von Antonio Vivaldi am Beginn des Konzerts. „Vivaldi fährt hier alles auf, was geigerisch damals denkbar war“, betonte Dollinger dabei: Doppelgriffe, Akkordübergänge in den höchsten Registern und aberwitzige Tempi. Die Musiker begannen dementsprechend forsch; ein kurzer, aber bereits sehr prägnanter Auftakt, der nahtlos in ein einfühlsam gehaltenes Miteinander zwischen Violine und Orchester floss. Es waren drei ausdrucksstarke Sätze, mal fast zärtlich gestimmt, mitunter melancholisch angehaucht und dann wieder von bewusst treibenden Momenten durchbrochen, die zurück in das faszinierend filigrane Spiel von Tjeerd Top an der Violine führten. Für Solist und Orchester, die bei diesem Konzert als kongeniale Partner wunderbar harmonierten, war es eine erste gute Möglichkeit, von ihrer hingebungsvollen und zugleich technisch präzisen wie fokussierten Art der Interpretation zu überzeugen.

Mit Samuel Barbers „Adagio für Streicher, opus 10“ hat Wallinger dann ein populäres Werk ausgesucht, das von seiner leisen, in sich gekehrten Stimmung lebt. Bekannt geworden als Trauermusik für US-Präsidenten oder zum Gedenken der Opfer des 11. September, wurde es schon in diversen Filmen eingesetzt. Die besondere Dichte und Intensität dieses Adagios nahm das Orchester gefühlvoll auf und füllte sie mit Anmut und an Traurigkeit grenzender klanglicher Schönheit, ehe man in Form des „Concertino opus 42“ von Mieczyslaw Weinberg einen ganz anderen Akzent setzte. Dessen umfangreiches Werk sei erst vor einigen Jahren in Westeuropa entdeckt worden, erklärte Dollinger eingangs. Dazu zählt auch das im Rahmen des Frühjahrskonzerts gespielte Stück, dessen lyrische Grundstimmung Solist und Orchester gekonnt einfingen.

Solist Tjeerd Top spielt auf einer Stradivari. Foto: Friedrich 
Solist Tjeerd Top spielt auf einer Stradivari. Foto: Friedrich

Einmal mehr unterstrich dabei Top seine technischen Stärken an der Violine, nicht zuletzt auch in den hohen Lagen, ehe das Orchester wenig später mit dem „Walzer A-Dur opus 54 Nummer 1“ (Antonín Dvorák) das abwechslungsreiche Frühlingskonzert schloss.

Solist Tjeerd Top hatte im Rahmen dieses Konzerts übrigens ein besonderes Lob für die Musiker: Mit einem kleinen Orchester wie der Süddeutschen Kammersinfonie Bietigheim und mit deren Dirigenten Peter Wallinger an der Spitze sei man „sehr flexibel“, verriet er. Das ermögliche auch selten gespielte Werke im Programm. „Das ist für einen Musiker natürlich wunderschön.“ Für die Zuhörer gilt selbiges auch.

Wer das Konzert also anhören möchte – am Sonntagabend haben das bereits über hundert Musikfreunde getan –, der findet die Aufnahme auf der Webseite https://www.muehlacker-klassik.de/muehlacker-concerto.

(Mühlacker Tagblatt vom 17.03.2021, Text und Fotos: Stefan Friedrich)