Klangkörper präsentiert sich in Bestform

02.04.2019

Die Süddeutsche Kammersinfonie Bietigheim lässt zum Abschluss der Winter-Konzertreihe Sibelius und Mozart erklingen. (Mühlacker Tagblatt)

Die Solistinnen Verena Guthy-Homolka (Flöte) und Anne-Sophie Bertrand (Harfe) begeistern das Publikum im Uhlandbau. Foto: Fotomoment
Die Solistinnen Verena Guthy-Homolka (Flöte) und Anne-Sophie Bertrand (Harfe) begeistern das Publikum im Uhlandbau. Foto: Fotomoment

Dass Licht und Dunkel zwei Seiten einer Medaille sind, hat ein Konzert der Süddeutschen Kammersinfonie Bietigheim im Uhlandbau in Mühlacker gezeigt.

Mühlacker. Der Leiter der Süddeutschen Kammersinfonie Bietigheim, Peter Wallinger, ist bekannt für seine intelligenten und durchdachten Programmzusammenstellungen, die stets einem übergeordneten Motto folgen.

Das Frühjahrskonzert, das gleichzeitig den Schlusspunkt der diesjährigen Winter-Konzertreihe markierte, trug die Überschrift „Licht und Dunkel“. Dies seien keine Gegensätze, sondern zwei sich ergänzende Seiten einer Medaille, sagte Dr. Christina Dollinger in ihrer gut besuchten Einführung vor dem Konzert. Nicht nur das Leben ist gefangen in dialektischen Wechselspielen, auch die Ausdrucksformen der Künste sind ohne Anspannung und Entspannung, Werden und Vergehen, Freude und Trauer nicht denkbar. In der abendländischen Musik spiegeln sich diese formstiftenden Parameter etwa in der Kadenz-Harmonik, der Dur-Moll-Tonalität und der Klangdynamik wider. Die Süddeutsche Kammersinfonie Bietigheim zeigte sich am Sonntag in Bestform.

Allem Anschein nach hatten sich die Musiker mit ihrem Dirigenten Peter Wallinger akribisch auf das Konzert, das mitgeschnitten wurde, vorbereitet. Als erstes Stück erklang „Der Schwan von Tuonela“ des finnischen Komponisten Jean Sibelius, der infolge seiner intensiven kompositorischen Auseinandersetzung mit den Heldensagen und dem Volksgut als Nationalkomponist Finnlands verehrt wird. Der Schwan, hinreißend auf dem Solo-Englischhorn vom Ensemble-Mitglied Andreas Vogel gespielt, lebt in Tuonela, dort, wo in der finnischen Mythologie die Hölle liegt. Das eher dunkel gehaltene Klanggemälde erhielt durch die singenden Streicher eine mystisch-weiche Färbung.

Deutlich heller wurde es im „Konzert für Flöte, Harfe und Orchester“ C-Dur KV 299, einem Juwel in Mozarts Schaffen. Die Aufführung des selten gespielten Werks wurde zu einem ganz besonderen Erlebnis. Die Solistinnen Verena Guthy-Homolka (Flöte) und Anne-Sophie Bertrand (Harfe) begegneten sich musikalisch auf Augenhöhe. Im Mittelpunkt des technisch anspruchsvollen Doppelkonzerts steht das Zwiegespräch der beiden Soloinstrumente. Mehrere Kadenzen von sublimer Schönheit und virtuoser Eleganz eröffneten den beiden Künstlerinnen ausgiebig Gelegenheiten, ihr Können zu zeigen. Das Orchester begleitete dabei angemessen zurückhaltend und sensibel. Bei genauem Hinhören ist das Werk trotz sprühender Lebensfreude nicht heiter und gefällig in einem oberflächlichen Sinn. Mozart, der das Stück als Auftragswerk für einen Flöte spielenden französischen Aristokraten und seine Tochter komponiert hat, lässt „zwischen den Tönen“ durchaus erkennen, in welch verzweifelter Lage er sich 1778 in Paris befand. Diese Reise, auf der tragischerweise noch seine Mutter starb, führte zu keiner Anstellung und keinen nennenswerten Erfolgen. Guthy-Homolka und Bertrand erhielten langanhaltenden Applaus und gaben vor der Pause noch eine Zugabe.

Die „Linzer Sinfonie“ Mozarts aus dem Jahr 1783 war das stilistisch gut gelungene Abschlussstück des Konzerts. In dieser späten Sinfonie erweist sich das Genie Mozart als Meister subtiler, verborgener Nuancen, die es zu entdecken gilt. Inmitten strahlenden Lichts erklingen zweifelnde Töne, in den fragenden Überleitungen hemmen Synkopen einen allzu glatten melodischen Fluss und in kurzen Moll-Momenten verdunkelt Mozart die vermeintlich heile Welt. Yehudi Menuhin, der große Geiger, meinte einmal, niemand hätte so trauriges Dur und so heiteres Moll wie Mozart komponieren können. Tatsächlich hatte Mozart in seinen letzten Sinfonien, der „Linzer“, der „Prager“, der großen g-Moll-Sinfonie und der „Jupitersinfonie“ längst eine vollendete Meisterschaft erreicht. Die Süddeutsche Kammersinfonie unter Peter Wallinger spielte die „Linzer“ mit rasantem Schwung und großem Bogen, gleichzeitig detailverliebt, etwa bei der Herausarbeitung von Echostellen oder Überleitungen. Die rasenden Zweiunddreißigstel in den hohen Streichern jagten das halbstündige Werk zum strahlenden C-Dur-Schlussakkord. Der überaus herzliche Applaus am Ende zeigte, dass die mehr als zweihundert Zuhörer, die ihren Frühlingsspaziergang wegen des Konzerts verkürzt hatten, ihre Entscheidung nicht bereut haben.

(Mühlacker Tagblatt vom 04.02.2019,  Text: Dr. Dietmar Bastian, Foto:  Fotomoment)