Mit einem Tango in die Adventszeit

05.12.2024

Das gab es noch nie: Die Süddeutsche Kammersinfonie Bietigheim als Tangoensemble. Im Adventskonzert bringt Simon Wallinger „María de Buenos Aires“ im Bietigheimer Kronenzentrum zur Aufführung. Astor Piazzollas „Tango Operita“ überrascht auch mit adventlichen Bezügen. (Ludwigsburger Kreiszeitung)

Ungewöhnliches, aber spannendes Programm: Simon Wallinger (links) dirigiert die SKB beim Adventskonzert im Kronenzentrum, mit dabei sind auch die Mezzosopranistin Mónica Soto-Gil Salas und der Tenor Santiago Bürgi. Fotos: privat (2). Malu/p 
Ungewöhnliches, aber spannendes Programm: Simon Wallinger (links) dirigiert die SKB beim Adventskonzert im Kronenzentrum, mit dabei sind auch die Mezzosopranistin Mónica Soto-Gil Salas und der Tenor Santiago Bürgi. Fotos: privat (2). Malu/p

BIETIGHEIM-BISSINGEN. Tango gehört nicht unbedingt zu den ersten Assoziationen, die sich zum Thema Adventszeit einstellen. Oper eigentlich auch nicht. Umso erstaunlicher, dass beides im aktuellen Programm des traditionsreichen Adventskonzerts der Süddeutschen Kammersinfonie Bietigheim (SKB) zusammentrifft. „María de Buenos Aires“ heißt das einzige Bühnenwerk von Astor Piazzolla, dem 1921 im argentinischen Mar del Plata geborenen Bandoneonisten und Komponisten, der mit seinem Tango Nuevo die folkloristische Musikkultur seines Heimatlands reformiert hat. Am Samstag, 7. Dezember, kommt Piazzollas „Tango Operita“ im Bietigheimer Kronenzentrum in einer „Kammerfassung“ zur Aufführung, die Simon Wallinger gemeinsam mit den Musikerinnen und Musikern der für diesen besonderen Anlass in reduzierter Besetzung als Tangoensemble auftretenden Süddeutschen Kammersinfonie Bietigheim erarbeitet hat.

Bereits im Herbst hatte Wallinger, der seit der Spielzeit 2023/24 als Solo-Kontrabassist beim Südwestdeutschen Kammerorchester Pforzheim engagiert und regelmäßig in den Reihen von Orchestern wie den Münchner Philharmonikern, dem Staatsorchester Stuttgart und dem Ensemble Resonanz zu finden ist, seine Bearbeitung von Piazzollas 1968 konzertant uraufgeführtes Musiktheaterstück bei der LienzingenAkademie, die der junge Dirigent 2022 ins Leben gerufen hat, vorgestellt. Nun besteht in der Adventszeit nochmals die Möglichkeit, das recht selten gespielte Werk zu erleben – allerdings lediglich in Bietigheim: Der Uhlandbau in Mühlacker fällt wegen Renovierungsarbeiten in diesem Jahr als Spielstätte der SKB-Adventskonzerte aus.

Mit „María de Buenos Aires“ verantwortet Simon Wallinger bereits zum zweiten Mal ein vollständiges Programm des von seinem Vater Peter Wallinger 1984 gegründeten Ensembles – der Generationswechsel am Pult der SKB wurde 2022 eingeleitet, befindet sich aber offenkundig noch in einem fruchtbaren Übergangsstadium: Die Leitung der für 2025 angekündigten Termine der Neu- und Frühjahrskonzerte wird wiederum erneut in den Händen des Orchestergründers liegen.

Piazzollas polystilistische, zwischen verschiedenen Tango-Stilen wie Milonga oder Canyengue und Elementen klassischer Formsprache wie Toccata oder Fuge pendelnde Orchesterpartitur hat Simon Wallinger auf sieben Stimmen zu einem „bunten Kammerensembleklang“ eingedampft, die sich um die Melodien des Bandoneóns scharen, den Kontrabass-Part übernimmt er selbst: „Tango-Musik muss man zusammen fühlen.“

Seine „halbszenische Inszenierung“ kommt mit zwei Singdarstellenden und einem Sprecher aus: Während die mexikanisch-amerikanische Mezzosopranistin Mónica Soto-Gil Salas in der Titelrolle und als Marias Schatten auftritt, verkörpert Santiago Bürgi, gebürtig wie ausgebildet in Buenos Aires und seit der Spielzeit 2021/22 festes Ensemblemitglied am Theater Pforzheim, sämtliche Tenorpartien der „Kammeroper“. Für die Sprechrolle des Geistes („El Duende“), bei der Uraufführung vom Librettisten selbst, dem uruguayischen Lyriker Horacio Ferrer gegeben, konnte Johann-Michael Schneider verpflichtet werden, vielen als Stimme der SKB-Neujahrskonzerten gut bekannt. Rundum „eine Idealbesetzung“, findet Wallinger. Der Sprechchor wird indes als Einspieler realisiert – von den „Stimmen der Alten Diebe“ über die „der alten Hurenmütter“ und „der Psychoanalytiker“ bis zu den „Stimmen der Nudelwalzerinnen“. Gesungen wird der spanische Originaltext, gesprochene Passagen sind ins Deutsche übersetzt.

Überraschenderweise wartet der surreale, dem Magischen Realismus verwandte Plot der „Operita“ sogar mit „adventlichem Bezug“ auf, so Wallinger: Die Protagonistin trägt nicht nur den Namen der Gottesmutter, ihr Schatten gebiert auch „ein Kind, das allerdings unerwartet kein Junge, sondern ein Mädchen ist“.

INFO: Das Adventskonzert der SKB findet am Samstag, 7. Dezember, um 19 Uhr im Kronensaal in Bietigheim-Bissingen statt. Näheres unter www.sueddeutsche-kammersinfonie.de.

(Ludwigsburger Kreiszeitung vom 05.12.2024, Autor: Harry Schmidt, Fotos: privat, Malu/p)